Station 7 - Schloss Frauenfeld
Die Wolken lichten sich – Der lange Weg vom Gegeneinander zum Miteinander
Podcast zur Station in Frauenfeld
Der Podcast zur Station in Frauenfeld ist noch in Bearbeitung. Danke für die Geduld und das Verständnis. Aber schon bald wird der Landschreiber Kubli berichten, was aus Pfarrer Öchsli und dem Landvogt Joseph Amberg nach dem Ittinger Sturm geworden ist.
Historische Hintergrundinformationen zum Schloss Frauenfeld
Was für ein Drama! Die Verhaftung von Pfarrer Öchsli und das Niederbrennen der Kartause Ittingen bedeuten für die noch junge Eidgenossenschaft eine Zerreissprobe. Auch den Zürchern ist klar, dass die Anführer bestraft werden müssen. Sie wollen das an einem Gerichtstag in Zürich entscheiden. Die mehrheitlich katholischen Herrscher über das Untertanengebiet Thurgau bestehen aber darauf, dass das Gericht in Baden stattfinden soll. Die Zürcher geben nach. Sie willigen ein, dass einige der Anführer nach Baden abgeführt werden: der Stammheimer Untervogt Hans Wirth, seine beiden Söhne sowie der Nussbaumer Untervogt Burkart Rüttimann. Dort findet unter schweren Folterungen ein Verhör statt. Drei der vier Verhafteten werden schlussendlich enthauptet. Im Gegenzug entlässt der Landvogt Pfarrer Öchsli aus der Haft. Seine Verhaftung war es, die zum Aufstand geführt hatte. Ein fast schon typisch eidgenössischer Kompromiss! Einmal abgesehen davon, dass mit den Gefolterten und zum Tod Verurteilten ein «Bauernopfer» gebracht wird. Von Gerechtigkeit kann keine Rede sein.
Die Kompromisssuche zwischen den Katholiken und Reformierten bleibt in den folgenden Jahrzehnten, gar Jahrhunderten, im Thurgau ein grosses Thema. Die Sache ist noch lange nicht ausgestanden. Es kommen neue Konflikte hinzu. Sie führen unteranderem zu den beiden Kappeler Kriegen. Die Reformierten verlieren 1531 den zweiten Kappeler Krieg. Zwingli kommt auf dem Schlachtfeld ums Leben. Als Folge davon fällt der Friedensschluss für die Reformierten in den Untertanengebieten ungünstig aus. Sie dürfen bis zum vierten Landfrieden (1712) im Thurgau keine neuen Kirchen bauen.
Viele Kirchen im Thurgau werden nach der Reformation gemeinsam genutzt. Das Nebeneinander ist oft konfliktreich. Trotzdem hat man im Thurgau durch die historischen Verhältnisse Ökumene früh üben müssen. Die Bösartigkeiten und Konflikte wandeln sich in Sticheleien und Störungen (Gülle am Karfreitag, Streit um Gottesdienstzeiten, etc.).
Mit zunehmendem Wohlstand im 20. Jahrhundert ist es möglich, dass in Dörfern, wo bisher eine «paritätische» Kirche stand, eine zweite Kirche gebaut werden kann. Die gemeinsame Nutzung gehört der Vergangenheit an.In den 1960-er Jahren ist man um ein ökumenisches Miteinander bemüht. Die beiden Konfessionen beginnen, gemeinsame Gottesdienste zu feiern. Es ist also noch gar nicht so lange her, dass man getrennte Wege ging. Noch vor zwei Generationen war völlig klar, dass beim katholischen Metzger nur Katholiken einkauften. Und beim reformierten Bäcker eben nur die Reformierten.
Es ist ein langer Weg vom offenen Konflikt über die Zeit der heftigen Diskussion bis zur Annäherung und Aussöhnung. Vielleicht hatten die Akteure der damaligen Zeit das Paulus-Wort, das für 2024 als Jahreslosung gilt, zu wenig im Kopf. «Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.» (1. Korintherbrief 16,14). Dieser Bibelvers motiviert uns heute noch, offen aufeinander zuzugehen und bestehende Differenzen zu überbrücken.